Tech und Trara

Tech und Trara

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Netzpiloten Tech Und Trara: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge Tech und Trara. Heute haben wir wieder einen wunderbaren Gast mit dabei und tatsächlich ein Gast, auf dem ich mich selber sehr gefreut habe, weil ich ihn schon mal live erleben durfte. Das ist nämlich der Prof. Dr. Martin André von der Universität zu Köln. Ich freue mich riesig. Hallo Martin.

Martin: Hi!

Netzpiloten Tech Und Trara: Genau, für die, es nicht wissen, Martin ist ja eine der großen Stimmen im Bereich Big Tech und Social Media. Vielleicht habt ihr auch mal das Buch gehört, Big Tech muss weg. Das hat mich damals auch sehr beschäftigt. Und mittlerweile ist er mit seinem neuen Buch mit dabei, aber darüber wird er uns später erzählen. Bevor wir darauf zu sprechen kommen, würde ich aber gerne einfach mal bisschen abtasten. Martin, wer bist du denn abseits, abseits von diesem Thema? Was machst du sonst so in deinem Leben? Wie würdest du dich vorstellen? Auch mal mit einer persönlichen Note.

Martin: Ja, ich bin natürlich erstmal Kölner. Und du weißt ja, die Kölner sind alle so bisschen bescheuert. Die lieben ihre Stadt über alles. Das kann auch keiner verstehen außerhalb von Köln. Ich freue mich auf jeden Fall, dass wir hier gerade gewählt haben und dass die AfD hier, ich glaube, mit sechs Prozent rausgegangen ist. Und manchmal fühle ich mich wie so ein Eisbär auf dem letzten Eisberg quasi. Genau, das ist vielleicht ein Teil von mir, der vielleicht interessant ist.

Netzpiloten Tech Und Trara: Und wie kommt es, dass sich das Thema dann irgendwann in deiner beruflichen Laufbahn so gepackt hat? Wie bist du da hingekommen? Was war der Weg?

Martin: Ja, ich habe eigentlich einen ganz interessanten Weg gehabt, weil ich habe ja immer quasi parallel geforscht zu digitalen Themen, war aber immer auch quasi unternehmerisch tätig und eben auch in dem ganzen Bereich, sage ich mal, Web Development, Content Marketing und so weiter und so fort. Und du erinnerst dich vielleicht, das war eben die große Erzählung, die uns Google damals in Mitte der Nullerjahre erzählt hat, ihr müsst nur relevante Webseiten bauen und dann kommt der ganze Traffic Fund selber, ist total super und das ist dann alles natürlich gratis. das war damals für mich eine riesengroße Erfahrung, wir so, ich glaube so 2007, 2008, 2009 rum, haben wir auch eine extrem erfolgreiche Content-Marketing-Strategie und Implementierung gebaut. Die hat immer einen deutschen Marketingpreis bekommen und die war in meinen Augen, weil ich natürlich hinten im Backend sehen konnte, was da an Traffic reinkam, fand ich das irgendwie nicht so toll. Da habe ich mir damals schon gedacht, so okay, also es ist natürlich auf der einen Seite auch mal ein interessanter Case, weil die Leute gehen dann gerne auf die Bühne und kriegen den großen Preis und freuen sich. Aber irgendwie habe ich da gedacht, so krass. für den ganzen Aufwand, den wir da betrieben haben, wenn ich jetzt mir anschaue, was da an Nutzung und Reichweiten entstanden ist, habe ich gedacht, holy shit. Und dann war das der Zeitpunkt, wo 2006 dieses Buch erschienen ist von Chris Anderson, The Long Tale. Das war ja hier für alle so digital evangelisten die Bibel. Untertitel noch, Why the Future of Business is Selling Less of More. Chefredakteur von Wired, natürlich die Kultfigur in der ganzen Tech- und Digitalszene. Und der hat ja damals erzählt, das Netz würde halt quasi den Armen geben und den Reichen nehmen. Das ist so ein ganz tolles, demokratisierendes Netz. Und ich hatte halt gerade diese Erfahrung, habe gedacht, so, ey, das kann ich hier alles null sehen. Und bin deswegen eigentlich aus sehr, sag ich mal, datengetriebenen, performancegetriebenen, aber auch

Martin: kann man sagen, ökonomischen Aspekten so misstrauisch geworden. Und dann habe ich 2010 eigentlich die ersten Modelle publiziert, wo ich gesagt habe, eigentlich müsste genau das Gegenteil der Fall sein. Also nichts Robin Hood Internet, ein Internet, in dem die Reichen nur immer reicher werden und die Armen immer ärmer. Das Ganze vorstellen, 2010, das war zur Zeit von Barack Obama, alles war cool, alles war geil, überall, auf allen Bühnen waren die

Netzpiloten Tech Und Trara: Mh.

Martin: digital Evangelisten und haben uns jedes Jahr erzählt, wie wir empowered würden. Und das war damals ein Schenkelklopfer. Die Leute haben sich schlapp gelacht. Ich habe das auch sogar versucht, die Presse dreimal zu bringen. war mein erster Aufsatz, war im Jahr 2012. Die Leute haben gedacht, dass sozusagen Schmetterlinge mich rumfliegen, die nur ich sehen kann. Und genau, das war eigentlich der Start.

Netzpiloten Tech Und Trara: Ja, ich finde es total spannend, weil ich da auch immer direkt an der Grafik denken muss aus deinem Buch, aus Big Tech muss weg, wo du ja mal aufgeschlüsselt hast, wie sich die Aufmerksamkeit im deutschen Internet so verteilt hat. Magst du dazu vielleicht direkt mal was erzählen? Weil ich habe das Gefühl, wir können direkt tief einsteigen.

Martin: Ja, das ist natürlich erstmal so, das weiß ja eigentlich auch jemand, zumindest wissen es die Digitalleute, die schlau sind. Das heißt, du hast halt immer einzelne KPIs rumschwirren, aber du kannst es ja niemals benchmarken. Das heißt, auch wenn jetzt bestimmte Unternehmen oder sowas die Zahlen für ihre eigenen Domains haben, haben sie ja nie diejenigen von den anderen, können das schlecht vergleichen. Und ich habe zum Beispiel schon damals, das war so 2012, 2014, versucht mal so ein Ranking zu bauen, wo ich gesagt habe, wenn wir uns jetzt mal hier dieses ganze Content-Marketing anschauen, was sind denn da die erfolgreichsten Angebote? Und ich habe so eine DEMEXCO-Show damals gemacht, wo die Leute so eine Wahlmöglichkeit hatten und ich gesagt habe, ist die größte Marken-Webseite der Welt unter den ersten 50 oder den ersten 100, unter den ersten 500 und so weiter und so fort? Die haben natürlich alle angeklickt. unter den ersten 50 oder ersten 100. Und die Wahrheit war damals schon, es war auf Rang 4570 oder so. Und damals habe ich gedacht, okay, man müsste jetzt mal hingehen und eigentlich mal den ganzen Traffic vermessen und in so eine Art Ranking stecken, wo das gesamte Internet abgebildet ist. Und das weißt du selber, das hat mich dann acht Jahre Lebenszeit gekostet, weil das ist dann erst 2020 erschienen. Das ist vielleicht das größte Forschungsprojekt. in meiner Karriere gewesen, hat ja auch total für Schlagzeilen gesorgt, kann man sagen. Und da sieht man eben, das ist halt dieses berühmte Chart, das wird ja mittlerweile auch von ganz vielen Leuten gezeigt, wo man sich vorstellen muss, man hat diese Y-Achse und die X-Achse und man kann eigentlich gar keine Linie erkennen, weil die Linie eben deckungsgleich ist mit Y-Achse und X-Achse und da weiß natürlich jeder, der jetzt nicht komplett abwesend war im Matheunterricht, das bedeutet, dass halt Ganz wenige haben alles, nur auf dem ersten hundertstel Millimeter quasi dieses Graphen und alle anderen Anbieter haben so gut wie nichts. das ist sozusagen auch der Reality Check, weil das ist eine Realnutzungsmessung, ist also keine Befragung, ist nicht irgendwie subjektiv, sondern das ist das, was im Netz tatsächlich passiert. Das kann man auch schlecht, das ist reine Mathematik.

Martin: lässt sich glaube ich so wenig bestreiten dann am Ende, wie das die Schwerkraft gibt. Und das war dann der Start meiner neuen Reise, kann man sagen.

Netzpiloten Tech Und Trara: Ja, ich finde spannend, weil ich da auch immer an eine Zahl denken muss, du mal ausgerechnet hattest. Ich weiß noch, du hattest das Beispiel des Gini-Koeffizienten genutzt, also diese Ungleichheit dazu darzustellen. Magst du dazu mal was erzählen?

Martin: Ja klar, ich liebe diesen Gini-Koeffizienten, weil er halt sehr schön illustrieren kann, wie das Netz eigentlich eben nicht mehr frei ist. Ich erkläre das mal. Das heißt, man muss sich das so vorstellen, der Gini-Koeffizient quantifiziert immer eine Gleichheit oder Ungleichheit. Der ist immer zwischen 0 und 1. Ich kann sagen, 0 ist Gleichheit und 1 ist maximale Ungleichheit. illustriere das immer gerne in Vorträgen mit Vermögensverteilung. wenn wir uns ein Land vorstellen, in dem sozusagen eine Art idealtypischer Kommunismus verwirklicht ist, was bedeutet, dass alle Menschen exakt dasselbe besitzen, dann hätten wir eine Vermögensverteilung mit einem Genie-Koeffizienten von Null. Null ist Gleichverteilung, alle haben dasselbe. Stellen wir uns dagegen vor, wir haben eine Situation in einem Land, wo eine Person alles besitzt und alle anderen Menschen in dem Land besitzen gar nichts, dann haben wir einen Gini-Koeffizienten von 1. Also das ist die mathematisch größte, vorstellbare Ungleichverteilung. Und wir haben den Gini-Koeffizienten für die Verteilung des Traffics im Netz ausgerechnet, weil wir eine Gesamtmessung quasi, also eine ganzheitliche Messung durchgeführt haben und der war eben auf dem unfassbar schockierenden Wert von 0,988. Übrigens auch eine lustige Anekdote. Ich wollte logischerweise diese Ungleichheit beweisen und habe diesen Wert gesehen und habe dann gedacht, dass entweder da, dass da was nicht stimmt, dass wir uns irgendwie vertan haben, dass wir uns verrechnet haben oder sowas und wir haben es natürlich ein halbes Dutzend Mal nachgerechnet. Ich habe es sogar, ich habe es ohne Angst gehabt. Ich habe das sogar noch mal von einem externen Statistiker. separat ausrechnen lassen, sicher zu gehen, dass das auf jeden Fall stimmt.

Netzpiloten Tech Und Trara: wollte gerade sagen, das ist ja eine wirklich schockierende Zahl es mal einzuordnen. glaube, bei Deutschland war der bei 0,45, richtig? Und Deutschland ist ja jetzt auch nicht gerade ein Land, was für eine Gleichverteilung bekannt ist im weltweiten Vergleich. Genau. Genau, also einfach mal so zur Einordnung, wenn man sich vorstellt, wie viel Deutschland verteilt ist, sondern es 0,98, also nochmal ein ganz ganz anderer Wert von Ungleichverteilung, definitiv.

Martin: Ach so, ich glaube für Vermögensverteilung. Ja, das kann gut sein.

Martin: Nee, nee, das ist das.

Martin: 0,988, ja ja. Das ist crazy.

Netzpiloten Tech Und Trara: Genau. Und was ich dabei natürlich spannend finde, ist, dass dein Buch dann Big Tech muss weghieß. Also doch schon sehr, anklagend. Deshalb wäre jetzt mal die spannende Frage, wer waren denn die großen Akteure, die dann die ganze Aufmerksamkeit unter sich vereint haben?

Martin: Ja, das sind natürlich die, die wir kennen. Also die Angebote hier von Alphabet und Meta alleine machen ungefähr ein Drittel des gesamten Traffics im Netz aus. Ich glaube, die großen vier Konzerne machen knapp die Hälfte. Und ja, das ist insofern auch lustig. Natürlich, das wird mir auch sogar als Mindestlob mal vorgeworfen. Das wäre zu hart. Der Titel Big Tech muss weg und dann vor allem der Untertitel. Die Digitalkonzerne zerstören Demokratie und Wirtschaft. ist mir auch vorgeworfen worden damals. Jetzt ist es natürlich so im Nachhinein, wenn wir uns anschauen, ich zeige jetzt auf meinen Vorträgen ganz gerne mal, wie in den Serien so ein Chart, was seitdem geschah, haben die Leute, die damals gesagt haben, was ist das für ein Verschwörungsgeschwurbel, die sind jetzt deutlich leiser geworden.

Netzpiloten Tech Und Trara: Stimmt, du warst glaube ich auch in der Tagesschau, als Zuckerberg plötzlich angefangen hatte zurückzurudern bezüglich Trump, das erinnere ich mich noch, da gab es einen Beitrag von dir.

Martin: Das war wahrscheinlich im ZDF oder ich komme selber durcheinander. Naja, also ich bin da jetzt häufiger. Natürlich habe ich jetzt im Nachhinein natürlich recht behalten. Ich habe das auch eigentlich letztes Jahr sogar noch in einem einseiten riesengroßen Essay in der Süddeutschen Zeitung auch angekündigt, dass wenn Trump die Wahl gewinnt, dass wir unglaubliche Probleme bekommen werden. Auch das damals, kannst du gerne mal checken, was da so auf Social Media alles über mich gesagt wurde und jetzt ist es leider alles genauso eingetreten.

Netzpiloten Tech Und Trara: Ich stelle es mir immer so einen ganz spannenden Spagat vor, weil ich das Gefühl habe, dass die Wissenschaft ja oft dafür kritisiert wird, dass sie zu wenig Stellung bezieht, sich zu wenig einsetzt, irgendwie in einer aktivistischen Form auch für Themen einzustehen, in denen sie forschen. Gleichzeitig habe ich aber auch das Gefühl, dass man dann Gegenwind aus der Wissenschaft bekommt, wenn man quasi anfängt mit großen Worten, auch überspitzten Aussagen, mal wirklich Reichweiten und Aufmerksamkeiten auf ein Thema zu lenken. Wie ist das für dich? Wie bewegst du dich da in diesem Spannungsfeld?

Martin: Ich kann sagen, dass das für mich eine der schwierigsten Herausforderungen meines Lebens war, die mich in den letzten Jahren am meisten beschäftigt haben. Denn tatsächlich sehe ich mich in erster Linie als Wissenschaftler. Und das auch so hart zu sagen, für mich war eigentlich meine Arbeit im September 2020 getan. Weil aus meiner Sicht war diese totale Monopolisierung empirisch hieb- und stichtfest bewiesen. Ich bin kein Journalist und ich bin auch kein Politiker. Das heißt, eigentlich ist es nicht mein Job, dafür sozusagen eine Öffentlichkeit zu schaffen, eine Debatte zu schaffen. Dieser Atlas war ja sehr zugänglich gestaltet. hat sich auch, glaube ich, vier- oder fünftausendmal verkauft, sogar als wissenschaftliches Buch. Also man kann doch nicht sagen, der ist von niemandem gesehen worden. Und es ist halt genau gar nichts passiert. Und das fand ich eigentlich total schrecklich. war damals noch Covid, dann hatte ich die, das war so, erinnerst dich noch diese Nächte da in diesem Covid-Winter, wo ich hier mit einem Kumpel im Hinterhof hatten wir ein Feuerchen gemacht und da habe ich darüber gesprochen und ja, dann hat der gesagt, da musst du aber noch was tun und genau das habe ich dann getan.

Martin: Ja, genau, dann bin ich hingegangen und habe halt dieses Buch geschrieben, Big Tech muss weg und als Wissenschaftler bist du ja sowieso immer jemand, der zweifelt. Und wenn du in einer Situation bist, weil du musst dir überlegen, das war ja, sag ich mal, 2021, 22, da war halt wirklich noch nicht mal eine Debatte vorhanden zu diesem Thema. Und wenn du in einer Situation so was schreibst, wo alle anderen

Netzpiloten Tech Und Trara: Wolltest du dazu noch was anmerken? Genau.

Martin: gefühlt dich herum kein Problem sehen. hatten damals das einzige kritische Thema mehr oder weniger waren Daten, Datenüberwachung. Aber das war immer so ein Epiphenomen. Also die digitale Welt ist eigentlich ganz okay und wir finden das nicht so cool mit den Daten, es gab diese Radikalkritik ja eigentlich gar nicht. Dann ist es tatsächlich so, wenn du Wissenschaftler bist, sowieso immer an dir selbst zweifelst und du haust dann so einen raus, wo du Ich sehe hier was, was ihr alle nicht sehen könnt. Das ist schon ein schwerer Schritt und das kann auch dazu führen, dass du Vorwürfe auch bekommst, von logischerweise anderen Wissenschaftlern. Weil die sichere Position als Wissenschaftler ist immer, wenn du ausdifferenzierst, wenn du sagst, ich sage jetzt mal ein Beispiel, es gibt nicht einen Feudalismus, es gab in Wirklichkeit hunderte verschiedener Feudalismen und der Feudalismus war in jedem Land und in jeder Region und in jeder Epoche des Mittelalters eigentlich wieder immer ein spezifisch anderer. Dann kannst du immer sozusagen gewinnen, normalerweise als Wissenschaftler. Und es ist total schwer, wenn du irgendwie als Wissenschaftler sagst, nee, das ist genauso hier, da braucht man nicht mehr auszudifferenzieren. Das ist komplett monopolistisch. Und ich finde ja auch zum Beispiel, das ist mit Sicherheit auch ein Problem zum Beispiel für Wissenschaftler, die sich mit dem Klimawandel beschäftigen. Weil Wissenschaftler immer dazu tendieren zu differenzieren. Aber ich finde, da muss man als Wissenschaftler auch irgendwann mal rauskommen und sagen, wir können das jetzt noch immer in der dritten Dezimalstelle noch mal nachrechnen oder ausdifferenzieren, aber es fährt hier etwas komplett frontal vor die Wand gerade. Und das muss ich euch als Wissenschaftler flecken. Ja, so war das.

Netzpiloten Tech Und Trara: Ja dann lass uns da doch gerne ins Detail gehen, denn bisher hatten wir erst mal genannt, was so das große Problem dahinter ist oder wie man das Symptom messen kann, wer auch dafür verantwortlich sein könnte, aber wir können uns ja mal anschauen, was sind denn die ganz konkreten Probleme, die damit entstehen, wenn sich Aufmerksamkeit bei so einzelnen Monopolen bündelt.

Martin: Eigentlich ist das sehr, schnell erklärt. Es ist eigentlich seit der Entstehung der Demokratie ist es klar, dass die Medien und die Massenmedien vor allem die Grundlage der Demokratie darstellen. Und deswegen willst du erstmal bestimmte Grundvoraussetzungen des demokratischen Diskurses erfüllen. Das ist typischerweise, die Menschen müssen in der Lage sein, frei ihre Meinung zu sagen. Das ist eine Grundvoraussetzung. Übrigens kommen wir da gleich auch zu. Und die andere Voraussetzung ist, dass man unbedingt verhindern will, dass Medienmonopole entstehen. Warum? Weil Medienmonopole eben Meinungsmacht bündeln. Das heißt, kann man sich ja schon vorstellen, stellen wir es zum Beispiel in der alten Bundesrepublik vor, jemandem würde 90 Prozent des Fernsehens gehören, könnte der kontrollieren, dann hätte dieses Unternehmen so viel Meinungsmacht, dass das eben gefährlich ist. So und... Da haben wir eigentlich schon das Kernproblem, weil die Plattformen damals eigentlich so schlau waren. Man kann sagen, auf eine teuflische Art und Weise schlau, dass sie sich ja quasi wie so Menschenrechtsorganisationen positioniert haben, die uns gesagt haben, guck mal hier, wir schenken euch die Möglichkeit der demokratischen Partizipation in einem noch nie dagewesenen Ausmaß. Und ich vergleiche das immer mit so einem Zauberer, der einem so einen rosa Plüschhasen vor die Nase hält. Und warum macht der Zauberer das? Damit wir nur auf den Plüschhasen gucken und nicht auf das, was der Zauberer eigentlich in Wirklichkeit mit der anderen Hand hinter dem Rücken macht. Denn was haben die tatsächlich dann gemacht? Sie haben diese Netzwerkeffekte durchschlagen lassen und haben Medienmonopole aufgebaut, die sie einseitig kontrollieren. Genau das haben wir nicht gemerkt. Deswegen ist ja übrigens auch diese Messung, die wir gemacht haben, so brisant. Denn es ist ja so, dass erst mal dem unbekümmerten und oberflächlichen Blick auf die digitale Welt sich überhaupt kein Problem darstellt. Weil wir ja sagen würden, es gab ja noch nie so viel Vielfalt. Es gibt 16 Millionen unterschiedlicher, kostenpflichtig registrierter Apps, Domains und Webseiten, wo mir alle Leute immer gesagt haben,

Martin: Was hast du geraucht? Wo ist denn bitte das Vielfaltproblem? Es hat doch noch niemals so viele Angebote gegeben. Und deswegen merkt man auch hier, dass diese Zaubertricks-Metapher eigentlich sehr, gut gewählt ist, weil die Tech-Konzerne müssen natürlich unter allen Umständen auch verhindern, dass die Menschen merken, dass es eben nicht eine große Befreiung ist und ganz viele Angebote, sondern dass wir eigentlich in Gefängnisse einziehen, Gefängnisse von Medienmonopolen, die sie einseitig kontrollieren und die wir nicht mehr als Gesellschaft selbst gestalten können. Denn das ist der letzte Punkt. Zu allen Zeiten des demokratischen Diskurses war eine Grundvoraussetzung auch, nicht nur eben Meinungsfreiheit und die Verhinderung von Meinungsmacht, sondern auch eine dritte, dass die demokratische Gemeinschaft selbst das eigene demokratische Forum gestalten darf. Das heißt zum Beispiel, wenn man sich anschaut, ist ja über wirklich, kann man sagen, Jahrhunderte gewachsen. Wie reden wir miteinander? Wer darf was tun? Was sind die sozusagen Obergrenzen für Meinungsmacht? Gibt es bestimmte Arten von Volksverhetzung oder Verleumdung, die wir nicht zulassen wollen? Das durften wir immer alles als demokratische Gemeinschaft selbst bestimmen. Wir haben sozusagen über die Regeln des Forums bestimmt, indem unsere alten Medien quasi nach unserer eigenen Gestaltung dann gehandelt haben. Und jetzt haben wir eine Situation, und das ist ja zentral und im Gegensatz zu diesem Versprechen der Plattform, die nämlich lügen, wenn sie sagen, sie geben uns eine Stimme, sie entziehen uns ja die Stimme. Sie entziehen uns die Stimme, weil wir keinerlei Mitspracherecht mehr haben, wie denn diese Foren gestalten sind. Wir haben keinerlei Mitspracherecht, wie diese Foren gestaltet sind. Also nur mal als Beispiel, es wäre ja easy möglich, dass Sie sagen würden, wir machen hier Interaction und Participation und ihr seid so eine great Community. Und die Community, die kann jetzt auch mal selber festlegen, wie diese Algorithmen aussehen sollen, wie man hier auf der Plattform miteinander spricht, wie die Nutzungsbedingungen sind und so weiter und so fort. Und da merken wir sofort, hier sind wir ausgesperrt. Wir haben keine Stimme.

Martin: Und das ist Absicht, das ist auch nicht irgendwie so, dass sie nicht darüber nachgedacht haben, sondern wir werden systematisch unsere Stimme gebracht. Und das ist etwas, was die meisten Menschen gar nicht sehen wollen, erstmal sagen, hey, das ist doch total cool, ich kann ja total super interagieren.

Netzpiloten Tech Und Trara: Ja, ich versuche mich mal in eine Person reinzuversetzen, die in dem Thema noch nicht so tief drin ist. Dann würde ich jetzt wahrscheinlich denken, okay, so ein Algorithmus ist ja erstmal ganz toll, mir das anzuzeigen, was ich ja besonders mag. Und es ist doch eigentlich total nachvollziehbar, dass ein Unternehmen erstmal vor allem mit den eigenen Mitarbeitenden an den Themen arbeitet, weil die ja die Experten dafür sind. Was wäre denn dann Alternative Lösungen, eben sowas wie Partizipationen beim Algorithmus zu ermöglichen. Du hast ja wirklich einen ganz konkreten Katalog auch an Maßnahmen erarbeitet, die Unternehmen oder eben Regierungen angehen könnten, damit sowas möglich wird.

Martin: Hmm, hmm.

Martin: Also erstmal ist es ja schon total interessant, dass wir nicht misstrauisch sind. Ich nehme nochmal eine Metapher aus der alten Medienwelt. Stellen wir uns so ein Murdoch vor. Da stellen wir uns vor, Beispiel RTL hätte niemals 90 % des Fernsehens haben dürfen. Aber stellen wir uns mal so ein Darth Vader RTL vor. 90 % des Fernsehens gehören so einem Darth Vader RTL. Und dann würden wir sagen, das kann doch noch nicht sein. Und dann würde aber RTL ja sagen, Wieso, wo ist denn das Problem? Das ist doch total getrennt. Wir haben Hunderte von Journalisten und Journalistinnen. Wie kommst du denn überhaupt darauf, dass wir da irgendwie Einfluss drauf nehmen? Und dann würden wir natürlich sagen, nix da. Es ist doch überhaupt nicht so, dass wir euch das irgendwie beweisen müssen, sondern es ist komplett inakzeptabel. Wir müssen diese Trennung haben. Wir müssen maximale Marktanteils-Obergrenzen haben. In Deutschland sind das 30 Prozent. Das darf niemals passieren. Und dann merkt man auch, wie verstrahlt wir sind, dass ... Die Tech-Konzerne so ein Bullshit erzählen von wegen Neutralität. meine, jeder, bisschen Ahnung hat davon, wie die digitale Welt funktioniert, weiß ja, dass das ganze Grundgeschäftsmodell der Plattform auf Traffic-Manipulation sowieso basiert.

Martin: Also stellen wir uns, stellen wir jetzt nur mal uns als Modell vor. Es hätte so ein Darth Vader-artiges RTL gegeben und die hätten 90 Prozent des ganzen Fernsehens kontrolliert und dann hätten wir gesagt, ja aber es kann ja nicht sein, dass irgendwie ein Unternehmen so viel Meinungsmacht bündelt und dann hätte natürlich das Management von RTL dann gesagt, ja aber wieso, ist das Problem? Wir haben Hunderte von Journalisten, Journalistinnen, haben das getrennt, Redaktionen und die Kaufmenschen Seite. Wir würden niemals darauf Einfluss nehmen. Da hätten wir denen ja auch ein Vogel gezeichnet, hätten gesagt, das interessiert uns überhaupt nicht. Und deswegen zum Beispiel gibt es da ja auch Marktanteils-Obergrenzen. Und das ist doch extrem verwunderlich, dass wir mit maximaler Naivität dieses Neutralitätsversprechen der Plattform glauben, obwohl doch gerade bei Plattformen klar ist. Jeder, ein bisschen Ahnung hat von digitalen Geschäftsmodellen, weiß doch, dass Traffic-Manipulation das Grundgeschäftsmodell der Plattform ist. Vor allem natürlich, wenn sie den Traffic so manipulieren, dass du Inhalte siehst, die sich besonders gut durch Werbung vermarkten lassen. Also ausgerechnet die, die ihr ganzes Geld verdienen mit Traffic-Manipulation, erzählen uns so ein Bullshit, dass das neutral ist. Wie können wir das dann mit maximaler Naivität glauben, wo wir es doch zum Beispiel bei allen anderen Medien

Netzpiloten Tech Und Trara: Mmh.

Martin: auch sofort ablehnt wird.

Netzpiloten Tech Und Trara: Das finde ich super interessant. Ich bin ja auch selbst Journalist und betreue einige Social Media Accounts von uns. Es ist echt faszinierend, wie schnell die Reichweite kippt, sobald es ein Unternehmensprofil ist. Und wie schnell man merkt, dass, sobald man ein Akteur ist, der theoretisch Geld in Werbung stecken könnte, das auch aktiv vom Algorithmus einem aufgezwungen wird, dass man irgendwie Geld braucht, überhaupt damit Reichweite zu erzielen. Oder man nimmt halt wirklich Algorithmus passende... Stimmige Themen, viral gehen, aber damit erreicht man ja auch nur bedingt die Zielgruppe, die man erreichen will, sondern hat halt einmal kurzzeitig einen kleinen Knall gehabt, der bei vielen Leuten im Kopf bleibt, aber eigentlich nicht wirklich langfristig nachhaltig die Community aufbaut. Also, ist ein Problem.

Martin: Naja, ist wirklich, dass wir so maximal naiv und vertrauensselig sind bei diesen Plattformen, das kann ich bis heute nicht verstehen. Also man müsste ja wenigstens sagen, so im Prinzip wenden wir so ähnliche Regeln an auf die Plattformen wie bei den anderen Medien aus der Vergangenheit, wo das ja eigentlich ganz gut geklappt

Netzpiloten Tech Und Trara: Genau, aber dann schauen wir doch mal, es gibt ja die wunderbare Europäische Union und die hat ja mit dem Digital Service Act und dem AI Act zumindest mal versucht, Rahmenbedingungen für einige dieser Themen zu schaffen. Jetzt bin ich aber natürlich gespannt, was du sagst. Reicht das? Ist das überhaupt richtig, was dort steht, diese Themen anzugehen?

Martin: Nöööö Da stöhne ich natürlich ein bisschen, habe aber auch eine gewisse Glaubwürdigkeit, weil ich das schon vor Trump immer wieder gesagt habe, dass diese Regeln eben nicht ausreichen. Ich würde sagen, das sind Schönwettergesetze, die unter zwei Grundbedingungen vielleicht sinnvoll wären. Grundbedingung eins wäre, wir haben wirklich eine super laufende transatlantische Partnerschaft mit den USA, wo diese Unternehmen sind. Grundbedingung zwei ist, dass wir es hier mit anständigen und seriösen Unternehmen zu tun hätten, die demokratische Werte respektieren. Und das ist natürlich auch völlig klar, dass das nicht der Fall ist. Das heißt, wir haben jetzt eine skrupellose US-Regierung, die auch noch diese Tech-Konzerne teilweise erpresserisch nutzt. Und wir haben Tech-Konzerne, die auch eigentlich konsistent sich hier antidemokratisch verhalten und deswegen reicht das eben leider alles nicht aus. Und das auch in dieser Härte zu sagen, wir hatten in den 90er Jahren ja auch mal ein Monopol in Deutschland, die Telekom. Das war unser Monopol auf dem Feld der Telekommunikation. Übrigens total krass, weil es eigentlich gar nicht demokratierelevant ist. Und trotzdem haben wir aus rein wirtschaftlichen Gründen herausgesagt, das kann auf keinen Fall so bleiben. Und haben unser eigenes Monopol, haben wir geöffnet für Wettbewerb und die Monopole der US-Konzerne, die schützen wir, die hegen wir und die halten wir sogar noch artificiell aufrecht. Also wir machen Monopol-Protektionismus für ausländische Digitalkonzerne. Das muss man sich echt mal reinziehen.

Netzpiloten Tech Und Trara: Das kann man ja schon mal als gutes Zitat für die Folge aufschreiben. Perfekt. Ja, ja, also kann ich absolut nachvollziehen, vor allem weil ich das Gefühl habe, dass man dann ja immer wieder denkt, dass Monopole große Vorteile hätten, aber eigentlich, ja so, doch diese Vielfalt schon einiges bringt. Also ich verstehe das Argument von vielen, dass man sagt, okay, man kann dadurch Ressourcen in der Hinsicht einsparen, dass man etwas nicht dreifach oder vierfach entwickeln muss, aber gleichzeitig ... Monopol macht natürlich auch faul und sorgt dafür, dass man eben entweder seine Macht ausnutzt oder seine Macht eben nicht nutzt, und dadurch wenig Fortschritt, wenig Innovation passiert. Hat man ja bei uns im Telekommunikationsmarkt auch gemerkt, wie sehr wir da noch hinterher hinken. Aber dann mal da so ein bisschen den Bogen zu kriegen, wir haben jetzt ungefähr die Hälfte der Folge erreicht, aber ich hatte ja anfangs erwähnt, dass du ein neues Buch planst, das bald erscheint. Ich hab das Datum grad nicht im Kopf. Magst du da einspringen? dann hatte ich es falsch aufgeschrieben. Okay. Es ist schon erschienen. Umso besser. Was hat es denn damit auf sich? Was beleuchtest du da?

Martin: ist schon erschienen.

Martin: Ja.

Martin: Ja, hier gehe ich eigentlich auf diese ganzen politischen Implikationen ein, denn es ist ja so, dass leider diese Tech-Konzerne und diese unglaubliche Macht, die die besitzen, eine Art Koalition eingegangen sind mit der Trump-Regierung und zusätzlich sich das wieder zusammengetan hat mit europäischen rechtspopulistischen Bewegungen. Also ich sag mal ein Beispiel, dass die US-Regierung zum Beispiel schon die AfD oder bzw. rechtspopulistische Parteien in Europa wie die AfD als Zitat zivilisatorische Alliierte bezeichnet. Übrigens auch Alliierte ist wieder Kriegsbegrifflichkeit. Denn manchmal haben Leute gesagt, der Krieg der Medien, boah, so es so krass. Da merken wir, die Akteure in diesen Auseinandersetzungen, die nutzen selber diese Kriegsbegrifflichkeiten. Ja, das ist ja mittlerweile offensichtlich, dass die westlichen Demokratien eigentlich angegriffen werden und die EU idealerweise gespalten wird und wir hier so eine Art Kolonie einer, sag ich mal, Machtverquickung aus Tech-Konzernen und Rechtspopulisten werden sollen. Und das ist extrem beängstigend und deswegen habe ich mich hingesetzt, weil ich auch diesen Angriff ja schon letztes Jahr im Juli vorhergesehen habe und habe eigentlich mal quasi dieses Wargame runtergeschrieben in allen Details. Also was wollen die, was sind die ideologischen Hintergründe, was sind die Zielsetzungen, was kann man jetzt noch machen? Denn de facto ist es so, wir haben eine neue Regierung in Deutschland. Ich weiß es aus der letzten Legislaturperiode, weil ich da zu spät war. Das heißt, ich habe damals auch wirklich dann versucht, was zu verändern. Big Tech muss weg hatte ja auch schon ganz viele Maßnahmen. Bin damit von Pontius zu Pilatus gerannt, war zum Beispiel auch bei Robert Habeck damals. gesprochen mit Tabea Rösner, die war damals die Vorsitzende des Digitalausschusses im Bundestag. damals haben mir halt alle gesagt, ja, es ist total interessant, was du da auch

Martin: an Ideen hast, aber jetzt ist es zu spät. Das heißt, du musst solche Sachen am Anfang der Legislaturperiode bringen. Und deswegen habe ich halt gemerkt, das sieht hier schlecht aus und habe gedacht, okay, jetzt ist sozusagen die letzte Gelegenheit, noch was zu ändern. Wir brauchen eine Debatte. Und habe eben dann dieses Buch jetzt publiziert, das ja auch eine Riesenwelle gemacht hat. Und wir mal hoffen, weil ich denke halt, jetzt haben wir noch sechs bis neun Monate. wenn die neue Regierung das nicht aufgreift. Also das weiß glaube ich wirklich jeder. Jeder auch leihe versteht, dass wir jetzt nicht mehr vier Jahre Zeit haben. Wir können nicht mehr warten. Wenn die deutsche Regierung hier nicht tätig wird und hier die Lokomotive für Europa wird, glaube ich ist ehrlich gesagt die Messe gesungen.

Netzpiloten Tech Und Trara: Ja, also wenn ich mir anschaue, wenn man auch mal auf das Thema Rechtspopulismus schaut, die Umfragen haben sich ja in letzten Wochen auch nochmal sehr, sehr stark in eine Richtung entwickelt. Es sieht ja jetzt so aus, als wenn die CDU als die stärkste Kraft mittlerweile abgelöst sein könnte. Je nachdem, wie sehr die Umfragen schon Aussagekraft haben. Dementsprechend absolut ein Thema aktueller denn je fürchtig. Ich fände es nochmal spannend darauf einzugehen, für wen dieses Buch ist und wen du versuchst damit genau zu erreichen und nachdenklich zu machen.

Martin: Ich sage das ganz klar, dieses Buch ist für die ganz breite Masse, denn wir können auch nicht immer Politik-Bashing betreiben, sagen, die Politik muss da was machen, wenn wir in den Medien es nicht schaffen, eine Debatte überhaupt hinzubekommen. De facto haben wir diese Debatte null. Wenn es überhaupt ein Medienthema in politischen Debatten gibt, ist das entweder das, was von den Rechtspopulisten selbst gesetzt wird, diese Wahnvorstellungen von Zensur und man darf ja hier nichts mehr sagen und es ist ja wie in Nordkorea hier. Das heißt, das ist eine Mediendebatte, die es gibt und es gibt auch eine Mediendebatte darüber, dass angeblich die Journalisten alle linksgrün sind, was ja auch irgendwie so bisschen komisch ist, wenn wir uns jetzt mal aktuelle politische Phänomene anschauen, wie zum Beispiel hier Brosius-Gersdorf, wo ich mich dann frage, ja wo ist denn bitte hier die links-grüne Mehrheit der Journalisten, die hier die Öffentlichkeit prägt? Das ist ja das Gegenteil der Fall. Das heißt, die Plattformen machen das Agenda-Setting und rechtspopulistische Alternativmedien. Und das ist ja offensichtlich. Und de facto haben wir also immer noch nicht diese Debatte. Wenn wir diese Debatte nicht hinbekommen, dann kann die Politik auch nicht aktiv werden. Weil wenn die Politik aktiv wird, ohne dass die Öffentlichkeit darauf vorbereitet ist, dann sagen doch alle Leute, was wollt ihr denn jetzt? Also was macht ihr denn für einen Quatsch? Ich verstehe das gar nicht. Erzählt mir noch nichts. Ich gucke hier meine Katzenvideos irgendwie auf Instagram und wo soll denn hier ein Problem sein? Ja, und das ist die einzige Chance, die wir haben.

Netzpiloten Tech Und Trara: und ich fände es auch mal spannend zu verstehen, wem du damit bisher so auf die Füße getreten bist, weil ich das Gefühl habe, dass das ja eine Position ist, in der man sich doch schon sehr exponiert. Ich erinnere mich auch mal, ich habe mal viel mit Meredith Rittaker gesprochen, die auch die Signal Foundation verantwortet und damit die Signal App quasi betreut und dementsprechend auch immer wieder Elon Musk und Zuckerberg und Co. mit ihren Aussagen auf die Füße tritt und natürlich Invisier von der ein oder anderen Person sein dürfte. Wie ist das bei dir? Was für Anfeindungen oder... Ich weiß ja nicht was sonst da noch so passiert, begegnest du damit?

Martin: ich begegne immer wieder Anfeindungen, ist es auch so, je bekannter ich werde, desto mehr, sozusagen, feint viel eher. Also es ist aber tatsächlich drastisch auf der anderen Seite relativ gesehen weniger geworden, dass ich solche Sachen bekomme. Also ich kriege immer noch manchmal als Wissenschaftler den Vorwurf, das wäre alles apokalyptisch und übertrieben. Ich habe interessanterweise ganz viel Gegenwind bekommen vom Journalismus, wo ich es überhaupt nicht erwartet hätte. Das war für mich das größte Mysterium, weil ich ja eigentlich 2020, als wir den Atlas gemacht haben, da habe ich gedacht, das ist ja total super für den Journalismus, weil dieses Buch ja eigentlich zeigen kann, dass der Journalismus keine faire Zugänge in die digitalen Welten bekommt. Und das ist doch eigentlich total gut nutzbar für den Drollismus. Und zwar aber genau das Gegenteil der Fall, weil natürlich unsere Messungen gezeigt haben, wie winzig klein die Angebote in der digitalen Welt nur sind. Und das ist natürlich so eine Art Beleidigung. Das gilt übrigens für ganz viele Leute. Das heißt, es gilt ja für die Rundfunkanbieter genauso. Das heißt, es ist eine Erkenntnis, die man ungern in die Öffentlichkeit bringt, weil man dann ja eigentlich auch immer über den eigenen Bedeutungsverlust mitsprechen muss. Und deswegen habe ich zum Beispiel auch, ich bin ja letztes Jahr auf einer großen Bühne in Berlin, habe ich meinen Talk über Journalismus, wie retten wir den Journalismus und da war danach ein Panel, da war ein Journalist und ich habe natürlich gedacht, ich habe nur für den Journalismus gesprochen und deswegen habe ich ihn mit nichts Bösem gerechnet und dann bin ich da eine halbe Stunde angeschrien worden, das wäre alles totaler Bullshit. Also das habe ich alles schon erlebt. Wen das interessiert, sozusagen mal in eine Suchmaschine eingeben, vielleicht nicht von Google. Martin, Andre und Zombie Apokalypse. Also das hat es sogar in die Presse geschafft, diese Auseinandersetzung da auf der Bühne. Ja, das ist total verrückt, weil daran sieht man auch ein riesengroßes Problem. Wenn wir es noch nicht mal hinbekommen, dass sozusagen die Geschädigten

Netzpiloten Tech Und Trara: Mmh.

Martin: Parteien und Felder hier mit einer Stimme auftreten und gemeinsam sich stark machen gegen diese unglaubliche Übermacht, dann haben wir natürlich überhaupt keine Chance. Das predige ich auch auf allen meinen Präsentationen. Lassen Sie uns doch alle zusammengehen, weil es ist total egal, ob ihr ein unabhängiger Content Provider seid, ob ihr Blogger seid, ob ihr Rundfunk seid, Journalisten seid, es ist total egal, ob ihr Shampoos, Rasenmäher oder Wasserkocher im Internet verkauft. ob ihr eine politische Partei seid, die Grundmechanismen dieses Monopolinternets machen uns ja alle kaputt. Deswegen müssten wir nur aufwachen und es erkennen.

Netzpiloten Tech Und Trara: Ich finde das auf jeden Fall auch im Bezug auf den Journalismus immer ein total spannendes Thema. Das ist auch das, worüber ich selber am meisten nachgedacht habe nach deiner Keynote. Weil ich mich dann auch so frage, okay, es wirkt ja schon so, als wenn wir mittlerweile zumindest sehr, sehr kurze Interaktionszeiten auf den Internetseiten von Medienhäusern haben. Und ich glaube, das kann man ja auch schon sehr gut belegen, sehr gut messen, dass die Leute nur wenige Sekunden verweilen, dass sie nur die Schlagzeilen lesen, etc. Gleichzeitig habe ich mich dann aber auch gefragt, okay, Was ist das, was die Meinung zu einem Thema bildet? Weil ich dann doch merke, das, in den Medienhäusern publiziert wird, dann auch das, was oft in die Diskussion schafft, die ich mit Freunden führe. Wo man sagen muss, das ist eine relativ kleine Blase an Menschen, das ist nicht repräsentativ für den Rest der Gesellschaft. Und das fand ich schon spannend. Was treibt so diese Meinungsbildung? Diese Schlagzeilen, die man sieht, es ist der Dialog auf den Plattformen, den man viel intensiver, viel länger ausführen kann, der aber nicht immer direkt ein politisches Statement oder so enthält. Das können ja auch gerne mal Kochvideos sein oder andere Tutorials oder YouTube-Videos, die man sich anschaut. Das fand ich eine total spannende Frage auch für mich. Ich weiß nicht, was du dir da so für Gedanken gemacht hast.

Martin: Ja, ich kann das eigentlich ganz witzig zurückspiegeln, weil das eigentlich ein Prozess ist, der einsetzt, man sieht meine Messung und ist halt erstmal schockiert. So, dann ist es auch so, dass wir ja alle keine leichte Möglichkeit haben, es zu verändern. Es entsteht also eine Art kognitive Dissonanz. Und das heißt natürlich übrigens für alle, das ist ja für mich selber genau dasselbe. Es geht ja nicht nur für den Journalismus zum Beispiel, auch für den wissenschaftlichen Diskurs. Das heißt ja, eigentlich zeigen meine Messungen ja Wir sind so gut wie irrelevant als Wissenschaft. Keinen interessiert das mehr, weil es als Wissenschaftsfietens ja noch komplizierter, länger, schwieriger als jetzt journalistische Inhalte, wie sie eigentlich sein sollten. Und ja, dann tendiert man dazu, dass man irgendwie versucht, so ein... Da muss doch irgendwo, da muss doch immer was falsch sein. Und dann versucht man irgendwo eine Ausnahme zu finden. Aber ich kenne doch das oder dann gab es aber doch diesen Fall. Weil man irgendwie, das Gehirn will diese Kröte nicht schlucken. Du willst diese verdammte Kröte nicht unterschlucken. Und ich würde eben da auch sagen, der schaut eben in diese Bücher, da wird es ja halt wirklich 360 Grad von allen Seiten geschrieben. Guckt euch doch an jetzt. wie weit wir zum Beispiel im Fall von Klimawandel sind. Das heißt, es gibt überhaupt keinerlei wissenschaftliche Zweifel an dem ganzen Thema Klimawandel. Und Trump steht vor der UNO und sagt, es ist der größte Betrug aller Zeiten. Und es gibt immer mehr Menschen, die so einen Quatsch glauben. Und da müssen wir jetzt nicht mehr länger zweifeln, sondern da sollten wir alle aufwachen und wir sollten im Gegenteil merken, Hier wird dem Journalismus und der Wissenschaft systematisch die Stimme entzogen. Wir werden zum Schweigen gebracht. Durch die Algorithmen, die halt Kürze belohnen, diesen ganzen... Also eigentlich belohnen die alles, was so einer wie Trump sagt, weil es ist totaler Bullshit, aber es ist immer entertaining, das ist geil, kurz, ja. Und man denkt sich nicht so, krass, ja ey, was? Ja.

Netzpiloten Tech Und Trara: entertaining, kompakt, kontrovers,

Martin: Also alles, was so einer wie Trump sagt, das läuft gut und was Journalisten oder Wissenschaftler sagen, wird quasi, man könnte es sogar in der Begrifflichkeit der Rechten sagen, auch wenn das jetzt nicht meine Begrifflichkeit wäre, das wird quasi wie zensiert, weil die Algorithmen natürlich die moderaten und balancierten Inhalte runterdrehen. Da können wir jetzt noch bisschen zweifeln, aber der Asteroid ist ja jetzt schon am Himmel zu sehen. Also wir können jetzt immer noch denken, fliegt der vielleicht vorbei oder gibt es noch irgendwie, vielleicht löst sich dieser Asteroid ja auf magische Weise in Luft auf. Aber eigentlich ist das total krass, wenn man sich das überlegt, weil es gibt keine Bewegung, es gibt keine Menschen, die auf den Straßen demonstrieren. Ich sage das immer, 1962 Spiegelaffäre. Rudolf Augstein saß im Knast damals, alle sind auf die Straße gegangen, alle haben zusammen sogar sozusagen die, selbst die Springerpresse war auf der Straße, weil sie gesagt haben, das kann nicht sein. Ja, und da ging es einen ganz wenige Journalisten und es ging eine Zeitschrift, also komplett in Verhältnis zu dem, was wir heute haben, würde ich sagen eins zu hundert. Die Gefahr ist doch jetzt hundertfach so groß. Es gibt keinerlei erkennbare Gegenwehr. Weder von journalistischer Seite, aber auch nicht spürbar von wissenschaftlicher Seite. Also nicht falsch verstehen, es gibt Stimmen, die da irgendwie sagen, ich finde das doof oder ich sehe das kritisch. Aber wenn wir mal überlegen, worüber wir alles, wogegen wir alles demonstriert haben in letzten 10, 20 Jahren. Ich meine, wir müssen ja überlegen, wir sind sogar noch gemeinsam mit den Tech-Konzernen zu diesem Thema Urheberrechte auf die Straße gegangen. Zehntausende fahnd auf den Straßen und jetzt ist gar nichts. Und da erkennen wir eigentlich auch, dass wir das ganz gepflegt mit voller Geschwindigkeit gerade vor die Wand fahren lassen. Gibt keiner, der da aufsteht.

Netzpiloten Tech Und Trara: Ich muss jetzt direkt so bisschen daran denken, was das für eine Welle ausgelöst hat, als Jimmy Kimmel abgesetzt wurde und wie er dann wieder eingesetzt wurde. Wobei das natürlich eine andere Art von Thema in dem Bereich ist. Aber ich fand es sehr spannend zu sehen, wie viele Menschen das mobilisiert hat und mit was für einer Millionen Reichweite er jetzt quasi wieder zurück ist. Weil es eben so viele Leute bewusst sich dazu entschieden haben, das zu suchen und diese Videos anzuklicken. Genau.

Martin: Stimmt!

Martin: Da würde ich gerne noch ergänzen, weil das ist das, was mir viele Journalisten damals erzählt haben, als es jetzt noch gar kein Thema war, dass sie mir sagten, diese Monopole sind so abstrakt, die haben im Leben meiner Leser und Leserinnen überhaupt keine Bedeutung. Und deswegen ist total interessant, dass du das sagst, weil es immer so ist, dass wenn das eine konkrete Person ist, die zum Schweigen gebracht wird, dann ist es einfach zu verstehen. Aber ich würde natürlich trotzdem hoffen, dass Journalisten doch so schlau sein müssten, dass sie verstehen, dieser systematische Entzug der Finanzierungsgrundlage von Journalismus, denn der kann ja unter digitalen Bedingungen überhaupt nicht überleben, und gleichzeitig die inhaltliche Umformatierung, die der Journalismus sich nach den Algorithmen richten muss und ja auch so eine Art Clickbait-Journalismus dann wird, ja. Das ist vielleicht abstrakt, aber es ist doch... sozusagen erneut Faktor 100 im Verhältnis zu eine konkrete Person verliert ihre Stimme. Dass wir das nicht kriegen, dass wir das nicht mental kapieren, dass wir nicht sagen, okay, das ist offenbar jetzt was anderes. Es ist etwas anderes als das, was in den letzten Jahrhunderten passiert ist und es ist viel schlimmer.

Netzpiloten Tech Und Trara: Ja, ich finde es vor allem auch so spannend, weil du dazu auch mal eine Grafik mitgebracht hattest, wie sich die Budgets verteilen, dass immer weniger Printwerbung geschaltet wird in den Zeitungen, den Magazinen, aber immer mehr digitale Werbung geschaltet wird. Und ich kann auch sagen, ich tausche mich ja auch viel mit Redaktionen aus, ich kenne ja auch unsere eigene Redaktion und es wird definitiv nicht leichter, für Printerzeugnisse Werbeplätze zu verkaufen, weil man eben immer diese Konkurrenz aus der digitalen Welt hat. Und in der digitalen Welt ist natürlich die eigene Reichweite, die man anbieten kann, sehr, sehr stark dann vom Algorithmus abhängig, was einem das gesamte Geschäftsmodell dadurch natürlich sehr viel volatiler macht. Also total spannendes Thema. glaube, das jetzt am Ende nochmal aufzugreifen, wäre ein bisschen knapp, weil wir ja schon mal 50 Minuten sind. Deshalb würde ich zum Schluss gerne nochmal ein bisschen auf die persönliche Ebene. Wenn man sich so intensiv mit dem Thema beschäftigt, kann ich mir vorstellen, dass es ja auch dein eigenes Nutzungsverhalten sehr, stark beeinflusst. Wie ist denn das bei dir? Also... Welche Plattform nutzt du denn überhaupt und wenn ja, wie?

Martin: Das ist auch wieder ein interessanter Teil, weil mein Diskurs natürlich wieder ein bisschen anderer ist. Denn dadurch, dass ich mich vor allem mit Monopolen beschäftige, ist es immer so, dass ich diese naive Vorstellung, es gibt auch Alternativen oder es gibt auch ganz viele Sachen da draußen, dass das ja eigentlich von mir insofern problematisiert wird, weil ich immer sage, guck mal, machen halt diese riesengroßen Mauern die Monopole rum und es ist halt sehr, schwer für die Menschen über diese Mauern drüber zu springen. Deswegen würde ich sogar auch behaupten, in der alten Welt, wo es offene Märkte und Wettbewerb gab, da war Boykott eine gute Lösung. In der heutigen Welt ist Boykott total schwierig umsetzbar. Und deswegen, klar, versuche ich auch alternative Plattformen zu nutzen. Ich bin auch Auf Mastodon, ich nutze Icosia, ich bin auf Blue Sky und so weiter und so fort. Aber ich erzähle den Leuten auch immer, das alleine reicht nicht aus. Ihr werdet es niemals schaffen, nur indem ihr wechselt, sondern wir brauchen die politische Aktion. Denn das ist das Gefährliche übrigens an den digitalen Monopolen. Ich kann das auch nochmal vergleichen, denn in der alten Welt waren Monopole immer ausschließlich. Das heißt, Monopole sind eigentlich auf zwei Arten entstanden. Der eine Weg war ein Rechtsprivileg. Wenn du das Postprivileg hattest, dann gab es nur die Post und niemand anders. Oder hohe Infrastrukturkosten, typischerweise Schienennetz. Dann gab es halt eine staatliche Bahn und das war ein natürliches Monopol. Die digitalen Monopole sind deswegen so teuflisch, weil es ja immer ganz kleine Wettbewerber gibt, sodass die Monopolisten immer sagen können, ey, was wollt ihr? Es gibt doch gar keine Monopole. Du auch irgendwie Ecosia oder Daktaco und so. Es gibt überhaupt nicht das Problem. Und das ist der Grund auch, warum es so schwer zu erkennen ist und warum der reine Appell zu wechseln nicht ausreicht.

Netzpiloten Tech Und Trara: Ich muss sagen, ich habe da jetzt nicht nur an unterschiedliche Plattformen gedacht, sondern auch an so Sachen wie, ob du dann andere Einstellungen in deinem Chrome Browser z.B. vornimmst. Es gibt da ja einiges, was man einstellen kann, auch im Bezug auf Datenschutz oder Algorithmen, ob du da irgendwas machst oder einfach quasi die normale Standardversion benutzt.

Martin: Nö, ich bin ja eher im Ecosia Browser unterwegs. Aber tatsächlich ist auch ein Teil meines Ansatzes, der ist auch wieder ganz anders als das, was existiert. Das typische digitalkritische Narrativ ist ja immer, wenn das Produkt dich nichts kostet, bist du das Produkt. Das will ja eigentlich sagen, hey, pass auf, du denkst, es ist umsonst, aber du zahlst mit deinen Daten.

Netzpiloten Tech Und Trara: Mmh.

Netzpiloten Tech Und Trara: Mmh.

Martin: Jetzt ist aber das Problem, dass wenn du 100 Leute von der Straße nimmst, dass die dir antworten werden, ja, das ist halt so, das ist aber für mich kein Problem. Keine Ahnung, dann weiß halt Instagram, dass ich gerne, keine Ahnung, grüne Jeans mag und dann kriege ich auch Werbung für grüne Jeans aus. Aber das ist für mich kein Problem. Meine Geschichte ist ja eine ganz andere. Meine Geschichte ist, wenn das Produkt dich nichts kostet, wirst du lebenslänglich eingesperrt und verlierst für immer deine Freiheit. Und da merken wir sofort, das ist eine andere Kiste. Und da sage ich dir, geh nach draußen auf die Straße, frag 100 Leute und dann werden die sagen, wie krass, ich werde lebenslänglich eingesperrt, wieso, ich verliere meine Freiheit. Die Demokratie wird in ihren Grundlagen zerstört. Ne, das will ich aber nicht. Und deswegen ist es für mich so wichtig, weil sich das so stark hält. ich in Panels sitze, dieses Datenthema ist halt so stark. kommt die dritte Frage sofort, wie ist denn das mit den Daten? ich sage, Leute, liebe Freunde, ist schön. Das ist sozusagen der Diskursstand von Mitte der Zehnerjahre. Aber die Daten sind nicht das Problem der Freiheitsentzug. Das ist das Problem. Die Abhängigkeit, die Erpressbarkeit, die sozusagen Unterjochung, die Knechtschaft, der Verlust der Demokratie, das ist das Problem. Das heißt, mein Diskurs ist ein komplett anderer.

Netzpiloten Tech Und Trara: um da mal so einen Burgen zum großen Finale zu kriegen. Fände ich es ja wirklich spannend, nochmal zu wissen, wie dann für dich so eine idealtypische digitale Welt im Jahr 2040 aussehen würde. Was müsste sich verändert haben? Welche Maßnahmen hätten bis dahin oder müssen bis dahin etabliert worden sein? Und wie würde unsere Gesellschaft dadurch dann aussehen?

Martin: Ja, wichtig ist vielleicht auch, dass ich eine Sache noch vorschieße, weil übrigens die Tech-Konzerne so viel Kohle in Lobbyismus gesteckt haben, dass wenn ich jetzt zum Beispiel so ein Wort ausspreche wie Regulierung, dann sind wir sofort in diesem Frank-Telen-Diskurs. Hier kommt jetzt wieder die EU und die will regulieren und verbieten und das ist ja total doof und wir brauchen Freie. Das ist halt ein Riesenproblem, weil...

Netzpiloten Tech Und Trara: Gatter.

Martin: das Gegenteil der Fall ist. Auch das steht in meinen Büchern. Das heißt, die Monopole der Tech-Monopolisten sind auf Rechtsprivilegien und Vorzugsbehandlung gebaut. Nicht, weil die irgendwie gute Produkte haben. Das ist genauso wie die absolutistischen Herrscher ihre Privilegien hatten, gilt das auch für die Tech-Monopolisten. Das heißt, wir müssen auch hier wieder diesen Mindfuck quasi abschaffen. Und wir müssen das durchschauen. Und ich beschreibe das im neuen Buch halt, was das für Privilegien sind. Ich kann das kurz erklären. Das eine ist dieses Intermediärs-Privileg, dass sie nicht als Medien reguliert werden. Also, die haben es tatsächlich geschafft, dass sie wie Netzwerke reguliert werden, aber Inhalte zu Geld machen, genau wie Redaktionen. Das heißt, du hast da schon das erste Privileg. Daraus abgeleitet das Haftungs-Privileg, dass sie nicht haften müssen. Daraus abgeleitet das Straftaten-Privileg. Das heißt, sie dürfen mit Straftaten Geld verdienen, bis heute. Kannst du mir einen anderen Bereich in unserer Gesellschaft sagen, wo Milliarden schwere Akteure mit Straftaten Geld verdienen können. Dann haben sie ein Einsperrprivileg. Nur mal als Beispiel, wenn du jetzt in Supermarkt gehst, dann musst du immer einfach den Supermarkt verlassen können. Und wir haben aber es denen erlaubt, dass sie riesengroße Mauern ihre Monopole bauen. Nämlich zum Beispiel Outlinks runterfahren, keine offenen Standards einsetzen und so weiter und so fort. Dann haben Sie ein Instrumentalisierungsprivileg, zum Beispiel hier Elon Musk macht Wahlwerbung für die AfD, wäre niemals erlaubt bei redaktionellen Medien und so weiter und so fort. Und dann haben Sie zuletzt ein Monopolprivileg. Das heißt, Medienanbieter dürfen in Deutschland überhaupt keine Monopole normalerweise ausbieten und wir haben denen all das erlaubt. Das heißt, dieser ganze Frank-Telen- Diskurs ist ein Bullshit-Diskurs. Das ist irgendwie nicht so viel regulierend, sondern es ist das Gegenteil der Fall. Wir haben nach diesen lobbyistischen Anstrengungen rechtliche Vorzugsbehandlungen und Privilegien den Tech-Konzernen gegeben, ohne die diese Monopole komplett unmöglich werden. Was aber natürlich auch eine riesengroße Gelegenheit bietet, denn

Martin: Wir können diese Rechtsprivilegien ja sofort abschaffen. Das heißt, können denen diese Privilegien genauso abnehmen, wie wir damals sozusagen Schluss gemacht haben mit der feudalistischen Herrschaft. Das heißt, das jetzt zu übertragen, wir können morgen sagen, Plattformen müssen an allen Stellen wieder offen sein. Die müssen Outlinks zulassen. Die dürfen niemals Inhalte, die nach draußen führen, irgendwie runterdimmen oder diskriminieren und bestrafen, was sie jetzt tun. Zweitens, offene Standards. Das heißt, die marktführenden Plattformen müssen ihre Inhalte über offene Standards anbieten, was sofort dazu führen wird, dass viele alternative Plattformen den Weg in den Markt finden. Wir können sofort sagen, hey, ihr Tech-Konzerne, wollt reguliert werden wie Netzwerke, ist uns überhaupt kein Problem, könnt ihr gerne machen. Dann dürft ihr nur leider niemals Inhalte zu Geld machen. Inhalte zu Geld machen dürfen nur redaktionelle Medien. Wenn ihr allerdings ... Auf der anderen Seite, also wenn ihr lieber Inhalteanbieter sein wollt, für uns auch total okay, seid ihr halt Inhalteanbieter, aber dann müsst ihr logischerweise für die Inhalte haften. Es geht ja nicht. Sucht euch das gerne aus. Wir sind eben in einer freien Wirtschaftswelt. Lieber Netzwerk, lieber Inhalteanbieter. Aber eins könnt ihr niemals. Ihr könnt niemals mit strafbaren Inhalten in unserem Land Geld verdienen. Wir können sofort sagen, Niemals dürfen Plattforminhaber ihre Plattform instrumentalisieren zur Beeinflussung von Wahlen oder zu politischen Zwecken. Wir können das Monopolprivileg sofort stoppen. Das heißt, dann sollten dieselben 30 Prozent Marktanteilsobergrenzen in digitalen Medien gelten wie auch in den analogen Medien. Und da merken wir, wir haben es leider selber. sozusagen falsch gemacht, weil wir diese ganzen Privilegien uns von diesen Tech-Konzernen haben sozusagen vorlegen lassen. Wir haben die auch noch unterzeichnet. Wie doof kann man eigentlich sein? Und wir haben es selbst geschaffen. Und das ist aber gleichzeitig fast eine unglaublich positive Nachricht, weil wenn wir doch so doof waren und diese ganzen Fehler selbst gemacht haben, können wir diese Fehler auch schnell wieder beheben.

Netzpiloten Tech Und Trara: Wir können diese Fehler schnell wieder beheben, das merke ich mir. Soll das dein Schlusswort sein, du noch ein anderes, weil ansonsten finde ich das auch ein super, super Fazit für das, was wir heute besprochen haben. Ganz lieben Dank, dass du heute dabei warst, Martin. Ich wünsche dir einen wundervollen Start in die Woche und wenn du ansonsten nichts mehr hast, beende ich damit hier die Folge. Ganz lieben Dank. Und genau, Show Notes kommen dann im Nachhinein.

Martin: Freut mich auch.